Vortrag zur Saisoneröffnung 2019

Die Geschichte des Grenzacher Heilwassers hat unser Ehrenbürger Erhard Richter bereits im Juni 1999 in seinem Buch „Beiträge zur Geschichte von Grenzach-Wyhlen“ publiziert. Im Jahre 2017 fand hier Klassikanderswo statt und dazu gehört immer die Vertiefung der Geschichte des Austragungsortes. Es war der Verdienst von Kerstin Brutschin, Peter Weber, Markus Ritter, Yvonne Weber, Rolf Reißmann, Michael Bertram, Sebastian Kurtenacker und auch von mir, die Aufarbeitung in der Broschüre „Baden in Grenzach in Baden“ spannend zu erzählen

Im Jahre 1863 wurde bei Bohrungen auf Anordnung der großherzoglich-badischen Regierung bei der Suche nach Steinsalz eine Wasserquelle angezapft. Nach chemischen Analysen durch den Heidelberger Chemiker Bunsen stellte sich heraus, dass es sich um eine Heilwasserquelle handelte.
Der Name Emilienbad kommt von Emil Schoch, welcher Land oberhalb der Heilquelle kaufte, darauf 1878/79 ein Kurhaus errichtete und der dort 2 neue Quellen für den Badebetrieb bohrte. Er nannte das Bad nach seinem Vornamen Emil. Die neu gebohrten Quellen waren für die Schüttung nicht förderlich, es wird berichtet, dass zum Füllen einer Badewanne ca. 1 Stunde benötigt wurde. Später wurden sie zum unseligen Streitpunkt zwischen den verschiedenen Besitzern der oberen- und der unteren Quelle.
Nach heutigem Maßstab wäre das gefundene Wasser eher als ungesund einzustufen. So galt das radioaktive Radon, welches enthalten ist, damals als uneingeschränkt gesund. Je höher der Radongehalt, desto besser war das Mineralwasser.
Anmerkung: Auch heute enthalten die Mineralwässer das Element. Mehr als 500 Milli-Becquerel des radioaktiven Radium-226 wurden in einigen handelsüblichen Marken nachgewiesen. Die Experten streiten, ob eine Gefahr für die Gesundheit zu befürchten ist. Internationale Studien deuten auch einen Zusammenhang zwischen Radium-kontaminiertem Trinkwasser und einer erhöhten Leukämierate bei Kindern an.
Die Ergebnisse der Analysen regten zu Fantasien an, Grenzach zu einem Kurort zu entwickeln.
So steht im „Praktischen Ratgeber für alle Reiselustigen“
Bad und Kurort Grenzach
Grenzach, ein stattlicher Pfarrort von 1000 Seelen, liegt prächtig in der südwestlichen Ecke des Großherzogtums Baden am Rhein und ist Station der Bahnstrecke Basel-Konstanz Hier erbohrte im Jahre 1863 die Großherzoglich badische Regierung die Mineralquelle, welche im Jahre 1866 gefasst wurde. Seither hat das Grenzacher Mineralwasser schon einer Menge Kranker Linderung und Genesung gebracht. […]
Franzensbad, Marienbad, Karlsbad! Das klingt und wiegt schwer. Und dennoch steht all diesen drei das bescheidene Grenzach in Bezug auf seine Heilkraft nicht nach, ja in mancher Hinsicht ist sein Heilwasser noch vorzuziehen.
Selbst gegen Unterleibs- und Darmkrebs sollte es wirksam sein, schreibt das Organ der Heilquelle, der „Quellgeist“, Nr. 7 von 1931, im Artikel „Kampf dem Krebs mit Grenzacher Emilienquelle“. Leider hat sich das nachweislich als falsch herausgestellt.

Fehlversuch
Nach diversen Versuchen und vielen Besitzerwechseln über mehrere Jahrzehnte stellte sich heraus, dass die Vision von „Bad Grenzach“ aus verschiedenen Gründen scheitern musste:
So waren die oft wechselnden Betreiber nicht in der Lage ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Meist saßen den verschuldeten Besitzern der drei Quellen die Gläubiger im Nacken. Bereits in den Jahren 1867 bis 1880 wechselten die Besitzer des Anwesens viermal, bis es zum ersten Konkurs kam. Dabei wird deutlich, dass Quelle und Kurhaus offenbar auch der Spekulation dienten.
1880 kosteten sie 20 100 Mark, im gleichen Jahr bereits 50 000 Mark und 1881 endlich 150 000 Mark. Spekulationen bringen es bekanntlich mit sich, dass sie auch scheitern können: Im Jahr 1895 betrug die Konkursmasse nur noch 38 655 Mark.
1881 strengte Adam Buser aus Sissach einen Prozess gegen Eduard Hauger-Kaiser und seinen Bruder Simbert an. In diesem Rechtsstreit ging es darum, daß Eduard Hauger-Kaiser seinen Bruder Simbert als Strohmann vorschob, als er das Emilienbad am 10. November 1880 von den Basler Eheleuten Kretz erwarb, um seinen Basler Gläubigern den Zugriff auf sein Vermögen zu verwehren. Diese hatte er um 24434.75 Franken (dies entsprach 19547.60 Reichsmark) geprellt. Das Anwesen wurde im Grundbuch auf den Namen Simbert Hauger eingetragen. Im Prozess stellte deutlich heraus, daß Simbert Hauger nicht in der Lage sein konnte den Kaufpreis von 50 000 Mark aufzubringen. Er verdiente sein Geld als Taglöhner, wurde aber in den Grenzacher Akten als Landwirt geführt. Wie sich zeigte besaß er weder Immobilien noch Liegenschaften.

Hier als Konsequenz die 1883 zu ersteigernden Sachen des Kurhauses wegen Konkurs:
19 aufgemachte Betten,
8 Kanapee,
11 Waschkommoden und Waschtische,
13 Nachttische,
6 Kommoden,
15 Spiegel,
10 Oeldruckbilder,
20 kleine Tische,
1 Tafeltisch,
60 Rohrsessel,
4 gepolsterte Sessel,
1 Silberschrank
1 Spiegelschrank
1 großer Glaskasten,
1 Bücherkasten,
1 Kronleuchter,
1 Standuhr,
feines Glas und Porzellan,
feine und gewöhnliche Essbestecke,
Vorhänge u. a.m.
1 Orchestrion mit 10 Walzen,
11 eiserne Gartensitze und
12 Bänke,
45 Rohrsessel,
9 kleine Tische,
6 Badwannen,
8 Badläufer,
50 Handtücher,
12 Treppenläufer,
9 Weinfaß und
1 Handwägele
Praktisch wurde das gesamte Inventar versteigert. Einiges davon dürfte noch in so manchem Grenzacher Schopf aufzufinden sein.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte mit der Ansiedlung von Industriebetrieben die Entwicklung von Grenzach zum Industriestandort ein, im Wesentlichen ausgelöst durch Investoren aus der benachbarten Schweiz.
So siedelte sich 1893 die Seidenbandfabrik Seiler an.
Kurz darauf eröffneten 1897 und 1898 die Basler Firmen Roche und Geigy ihre Werke in Grenzach.
1898 folgte die Tapetenfabrik Engeli & Co., die dann in der deutschen Firma Salubra aufging.
Diese Unternehmen waren wichtige Arbeitgeber, was auch die Gemeindeverwaltung erkannte und in Briefwechseln aufgrund von Anfragen zum Kurort immer wieder betonte.

1920 kam Max Kuchenmüller ins Spiel, über den Dr. Richter schreibt: „Mit dem neuen Besitzer des Emilienbades beginnt nun das unerfreulichste Kapitel in der Geschichte des Grenzacher Mineralwassers. Der nicht allzu finanzstarke Kuchenmüller sah sich in den folgenden Jahren gezwungen, zahlreiche Hypotheken aufzunehmen…“.
Legendär sind die Auseinandersetzungen Kuchenmüllers mit seinen Gläubigern vor Gericht. Kuchenmüller wollte vorbauen und so wurde das Emilienbad, also das Kurhaus, auf seine Frau übertragen, um Regressforderungen ihm gegenüber zu entgehen.
Kuchenmüller, der für die Aufteilung der Anlage verantwortlich zeichnete, musste nun erdulden, dass Konkurrenten, die Anteile an der von ihm gegründeten Gesellschaft erworben hatten, schließlich für 20 000 Mark die Mineralquelle, die Trinkhalle, die Abfüllanlage und Umliegendes kauften. Die „Grenzacher Brunnen GmbH“ wurde gegründet. Kuchenmüller besaß weiter die „Emilienquelle“. Erhard Richter schreibt: „Kurhaus und Quelle gehörten nun wieder verschiedenen Besitzern, womit die einst so verheißungsvoll begonnene Entwicklung Grenzachs zum Kurort endgültig gescheitert war.“ Mit allen Mitteln versuchte Kuchenmüller nun dem neuen Geschäftsführer des unteren Brunnens, dem Kaufmann Josef Erhart zu schaden. Er warf ihm vor, den Abfluss des Abwassers aus seinem Teil des oberen Anwesens zu blockieren, sodass seine Keller unter Wasser stünden. Kuchenmüller gab sich nun als strammer Nazi und denunzierte Erhart mehrfach - und nicht nur ihn.
1930 kaufte Dr. Robert Meyer von der Riegeler Brauerei die „Grenzacher Brunnen GmbH“. Damit begann ein großer Aufschwung, denn die Produktion konnte massiv gesteigert werden. Das Heilwasser wurde in ganz Deutschland und in der Schweiz gerne gekauft.
1966 wurde das verwahrloste Kurhaus abgebrochen, denn Familie Kuchenmüller hatte nie die Mittel um es Instand zu halten. Außerdem gab es einige behördliche Mängellisten zu unhaltbaren hygienischen Zuständen.
Aufgrund schärferer Gesetze nach dem Deutschen Arzneimittelbuch wäre ein erheblicher finanzieller Aufwand zur hygienischen Sanierung der Heilquelle erforderlich gewesen, sodass die Riegeler Brauerei den Betrieb einstellte und sie an die Gemeinde zurückgab.
Im Jahre 1972 wurde damit die Quelle zum Versand des beliebten Heilwassers und damit ein Kapitel der Ortsgeschichte endgültig geschlossen. Versuche der Wiederbelebung ab 1979 wurden unternommen. Dazu wurden regelmäßige Wasseranalysen in Auftrag gegeben. Man wollte keinen Bäderbetrieb oder Versand, sondern man wollte den Bürgern das Wasser zur Verfügung stellen.
Aber, die Beschaffenheit des Mineralwassers genügte nicht mehr den heutigen medizinischen Anforderungen, enthält es doch sehr viel Natrium und schädigt dadurch unter Umständen die Nieren – im Gegensatz zur ursprünglichen Empfehlung. So ruht die Erlaubnis zur Abgabe von Heilwasser seit 2006.
Ein wichtiges Element der Grenzacher Geschichte wurde damit ad acta gelegt. Zumindest die Erinnerung daran will unser Förderverein wach halten. Unterstützen Sie unser Projekt, werden Sie Mitglied bei uns.
Vielen Dank!

 

28.4.2019 Saisoneröffnung Emilianum

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, am 27. April wird der Förderverein Emilianum im Quellenhaus klar Schiff machen und es neu einrichten. Am 28. April laden wir Sie ab 14 Uhr zur Eröffnungsfeier für die Sommersaison ein. Die Fa. Bertschi-Kaffee aus Birsfelden stellt uns eine mobile Kaffeerösttrommel, so dass Sie frisch gerösteten, biologischen und fair gehandelten Kaffee und etwas Kuchen genießen können. Das Rösten habe ich während der Kaffeeausstellung 2016 im Zehnthaus gelernt. Den Kuchen stiften die Mitglieder des Fördervereins Emilianum.
Und es gibt auch andere Getränke.
Um 15:30 Uhr halte ich einen Vortrag zur Geschichte des Grenzacher Heilwassers.
Kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie!